Mittwoch, 19. Januar 2011

Arbeitsleben versus Feiertage

Arbeitswechsel

Kurz vor unserer Abreise nach Bangalore wegen Weihnachten schlug uns unser director Mr. Lawrence eine Alternative zu Kattumannarkoil vor.
Seit Oktober verbrachten wir unsere Tage unter der Woche in Kattumannarkoil, um dort vormittags an verschiedenen Schulen Englischunterricht zu geben und gegen Abend in der "evening class" Englischstoff mit Schuelern diverser Klassenstufen zu wiederholen. Das Wochenende verbrachten wir immer in Pondicherry, aus unterschiedlichen Gruenden. Zum einen brachten wir beide immer einen kleinen Berg Waesche nach Pondi, den es zu waschen galt (natuerlich von Hand ;)), zum anderen sind wir samstags haeufig ins adminstration office (auch in Pondi), um dort Bilder, z.B. fuer reports, Blogeintraege etc. zu bearbeiten, was uns in Kattumannarkoil leider nicht moeglich war, da der USB-Anschluss an den beiden Computern im field office nicht funktioniert. Und schliesslich muessen wir auch manchmal einkaufen gehen, sei es Waschmittel oder andere Dinge.
Eine Herausforderung stellte auch immer wieder die Reise dar, da unsere Trekkingrucksaecke nicht allzu geeignet waren fuer gefuellte Busse, in denen es zwar Ablagen gibt, welche aber wohl nur fuer kleinere Einkaufstaschen gedacht sind.
Kattumannarkoil bedeutete zweimal 3,5 Stunden Bus fahren woechentlich, jeweils zweimal umsteigen inklusive, was jedes mal aufs Neue aufreibend sein konnte.
Ein halber Arbeitstag ging verloren, da wir Montag morgens immer nach Kattumannarkoil fuhren, an welchem wir eigentlich auch schon haetten unterrichten koennen.


Der Vorschlag von Mr. Lawrence ueberraschte uns dennoch sehr. In Marakkanam, einem Dorf welches eine Stunde Busfahrt von Pondicherry entfernt ist, Unterricht zu geben, sodass wir in Pondicherry in unserem Apartment durchgaengig leben koennten und nicht dauernd packen und reisen muessten fuer unsere Arbeit in Kattumannarkoil ?
Wir versprachen ihm, uns das Angebot durch den Kopf gehen zu lassen. Nach unserem Bangalore-Trip bekamen wir schliesslich auch die Moeglichkeit, die beiden potenziellen Schulen zu besichtigen, trotz der Schulferien.
Marakkanam kannten wir schon von einem Ausflug in unseren ersten Wochen hier in Indien, wir hatten sogar schon eine der beiden Schulen besucht und mit den Kindern gespielt :-).


Wie die Ueberschrift "Arbeitswechsel" nun schon verraten hat, haben wir das Angebot von unserem director angenommen und wir koennen bekraeftigen, dass wir unsere Entscheidung seit unserem Arbeitsantritt am 3. Januar keine einzige Sekunde bereut haben.
Dies soll nun aber keinesfalls bedeuten, dass wir unsere Arbeit in Kattumannarkoil nicht gemocht haetten. Wir wollen unsere Zeit, die wir dort erleben durften, nicht missen. Wir bekamen einen Einblick in die Arbeit von REAL vor Ort in den umliegenden Doerfern und konnten indische Dorfluft schnuppern- als Kontrast zum Stadtleben =).

Nach einigem Abwaegen der Fuer und Wider haben wir uns aber nun fuer das Abenteuer Marakkanam entschieden. Unser Leben hier in Indien ist dadurch zugegebenermassen etwas ruhiger geworden, wir geniessen unsere neu gewonnene Privatsphaere in unserem Apartment und dass wir vor allem unseren Rucksack komplett auspacken konnten- diesmal fuer voerst laengere Zeit ;-).

In Marakkanam unterrichten wir an zwei verschiedenen Schulen. Vormittags von 11.15 Uhr bis 12.40 Uhr unterrichten wir eine komplette Klassenstufe 3, was zwei Klassen bedeutet und ueber 45 Schuelerinnen und Schueler miteinschliesst. Nach 12.40 Uhr haben sowohl die Kinder als auch wir Mittagspause. Wir laufen vom Klassenraum zum Zimmer des Schulleiters (wobei wir jedes Mal aufs Neue von sooo vielen Schuelern auf dem Hof begruesst werden), um dort unsere Lunchbox hervorzukramen und zu Mittag zu essen =). Anschliessend goennen wir uns ohne Ausnahme jeden Tag einen Kaffee gegenueber vom Schulgebaeude bei einem sehr sympathischen Ehepaar. Wir brauchen wahrscheinlich nicht zu erwaehnen, Dass wir die Stammgaeste schlechthin sind :). Das Ehepaar und einige andere Kunden haben mittlerweile auch etwas von uns bzw. ueber Deutsche gelernt: Nicht jeder mag Zucker in Tee oder Kaffee und das bedeutet noch lange nicht, dass man zuckerkrank ist ;-).

Nach einer Weile brechen wir dann zu unserer zweiten Schule auf, an der uns etwa 30 Fuenftklaessler um 14.00 Uhr fuer den Englischunterricht erwarten.
Auf dem Weg dorthin begegnen wir immer vielen netten Dorfbewohnern, seien es begeisterte Schueler oder aeltere Frauen, die auf Tamil fragen, ob wir schon gegessen haetten (die typischste allle Fragen =)) und uns einfach nur zum Knuddeln finden (beruht auf Gegenseitigkeit ;-)).
Nachdem wir den zweiten Englischunterricht beendet haben beeilen wir uns jedes Mal aufs Neue, um den Bus nach Pondi noch zu erwischen. Im Idealfall kommen wir dann naemlich um 16.30 Uhr in Pondi an und haben noch die Moeglichkeit, ins Buero zu gehen. Anschliessend laufen wir zu unserem Apartment, bereiten den Unterricht vor und entspannen ein bisschen, denn am darauffolgenden Tag geht das Ganze wieder von vorne los =)...



Gebaeude der Schule, an der wir vormittags unterrichten


unsere Drittklaessler




auf dem Schulhof in der Mittagspause ;-)




wen man eben so alles auf der Strasse kennenlernt =)...


beim Spiel mit den Bangles ;-)






Gethciya mit unserer Lunchbox


der Kaffee in der Mittagspause darf natuerlich auch nicht fehlen =)


wen man eben so alles auf der Strasse trifft...NR. 2 =)


die wunderschoene Hauptstrasse Marakkanams mit einer Art Ficusbaeumen



"Pongal, oh Pongal!"

Seit einem Monat, also seit Mitte Dezember, werden wir nun schon auf Pongal vorbereitet. Und nicht etwa auf die sanfte Art, nein, jeden Morgen spaetestens um 6.00 Uhr geht in unserem benachbarten Tempel die Musik an - und das ziemlich, ziemlich laut!
Aber am 15. Januar war es nun endlich soweit, Pongal, ein tamilisches, 4-taegiges Erntedank-/Neujahrsfest begann.
Da Pongal in Tamil Nadu sehr gross gefeiert wird, hatten die Schulkinder von Donnerstag bis Montag frei, dementsprechend natuerlich auch wir.


Unsere Mentorin Kasthuri hatte uns eingeladen, Freitag auf Samstag bei ihr zu Hause zu feiern, weshalb wir uns Freitag mittags am Busbahnhof trafen. Erst als wir im Bus sassen, eroeffnete sie uns dann, dass wir gar nicht zu ihr nach Hause, nach Villupuram (eine Stadt um die 75 km von Pondi entfernt) gingen, sondern zu ihrer Schwaegerin und deren Familie in das Dorf Embalam, ungefaehr eine Dreiviertelstunde Busfahrt von Pondicherry entfernt.
Den Freitag Nachmittag verbrachten wir zusammen mit der 12-jaehrigen Nichte Kasthuris, die uns das Haus und die zugehoerige Dachterasse zeigte. Als wir dort oben waren erschienen dann - wie aus dem Nichts - ploetzlich ziemlich viele Nachbarskinder, die natuerlich auch alle den "weissen Besuch" willkommen heissen wollten =).

Gegen Abend liess es sich Kasthuris Schwaegerin auch nicht nehmen, uns beiden aus der Hand zu lesen... uns erwartet wohl beide ein guter Job, ein guter Ehemann und zwei Kinder. Der grosse Unterschied ist, dass Claudia mit ihrem Ehemann und ihren Kindern alleine leben wird, waehrend Anna in einer "joined family" unterkommt. Das bedeutet also, eine Familie mit Schwiegerleuten und mehreren Generationen unter einem Dach (hoffentlich auch eine nette Schwiegermutter =)). Als am spaeten Abend dann der Vater der Familie und die aeltere Tochter, die 18-jaehrige Manju nach Hause kamen, gab es ein leckeres Abendessen und eine "Henna-Session", bei der wir vier Maedels natuerlich alle eine Henna-Bemalung verpasst bekommen haben.
Die Nacht haben wir im Bett der Familie verbringen duerfen, was bedeutet, dass wir anstatt auf Matten auf dem Boden auf Matten auf einem Bett mit Holzbrett anstatt Matratze schlafen durften ;-). Auch eine sehr denkwuerdige Erfahrung, aber wir wussten die Geste natuerlich zu schaetzen =).


Am Samstag Morgen wurden wir dann zum Haus einer Verwandten gebracht, damit wir eine der wichtigsten Pongal-Traditionen erleben konnten: Auf einem Holzfeuer im Hof wird ein spezielles Reisgericht gekocht, ebenfalls Pongal genannt. Und wenn der Reis dann ueberkocht, was das Ziel ist, rufen alle "Pongal, oh Pongal!"
Den Rest des Tages verbrachten wir mit Kasthuri und ihren Nichten in und um einen nahegelegenen Tempel. Dieser Tempel hat eine ganz besondere Tradition; wenn man hier darum betet, dass der Kinderwunsch erfuellt wird und dies tatsaechlich geschieht, stellt man eine knie- bis brusthohe Tonfigur auf, die knallbunt bemalt ist. Dies fuehrt dazu, dass auf dem ganzen Tempelgelaende Kinderfiguren zu sehen sind.
Nachmittags ging es dann fuer uns wieder zurueck nach Pondicherry.








...auf einmal waren wir nicht mehr alleine ;-)


Kasthuri mit ihren Nichten


am Tempel






Kinderwunsch- Figuren


"Pongal, oh Pongal!"




eine Vogelscheuche mitten im "Dschungel"






Zuckerrohr, ganz typisch fuer das Pongal-Festival




Pongal-Essen


eine 12-Jaehrige auf einem Motorrad ;-)


Am Sonntag, den 16. Januar wurden wir von Mr. Lawrence eingeladen, mit ein sein Heimatdorf Anilody zu kommen, um das "cow pongal", also "Kuh-Pongal" mitzuerleben.
An cow pongal werden hauptsaechlich natuerlich die Kuehe, aber auch Ziegen und landwirtschaftliche Maschinen wie Traktoren gewaschen und geschmueckt. Das ganze Dorf trifft sich und die Tiere und Geraete werden unter grosser Freude und Chaos gesegnet.
Eigentlich ist Pongal ein hinduistisches Fest, aber hier in Indien verschmelzen die Religionen etwas miteinander, was erklaert, weshalb im christlichen Anilody zuerst ein kurzer Gottesdienst abgehalten wurde und die Segnung dann durch mehrere Priester stattfand.


Als gegen Abend die Segnungen vorbei waren (wir durften die christliche Version verfolgen, aber auch die hinduistische im Nachbardorf), fing auf dem Dorfplatz vor der Kirche eine Art Talentwettbewerb fuer die Kinder und Jugendlichen an. Als Gaeste des Dorfpraesidenten Mr. Lawrence durften wir natuerlich wieder mal ganz vorne sitzen, was sich aber als sehr vorteilhaft herausstellte, da wir so den allerbesten Blick auf die wirklich tollen Gesaenge und vorallem Taenze hatten (siehe Video).
Nach dieser Show schlossen wir den Tag mit einem super leckeren Essen bei Mr. Lawrences Mutter ab und fuhren dann zurueck nach Pondicherry.


Ein wirklich tolles, verlaengertes Wochenende, voller neuer Erfahrungen und faszinierender Eindruecke.

Alles Liebe
Claudia und Anna




















3 Kommentare:

  1. Elisabeth Mamavonanna19. Januar 2011 um 09:28

    Hallo Claudia, hallo Anna!
    Das ist ein supertoller interessanter Bericht, und ich beneid Euch zwei sooo sehr....
    Genießt Eure Zeit in Indien! Sie fliegt nur so, oder?? Lasst´s Euch gutgehen und seid herzlich gegrüßt von
    Elisabethmamavonanna

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  2. Super!!!
    Danke Anna, dass du es geschafft hast ein tolles "Lehrerbild" von Claudia zu machen : )))
    freue mich immer sehr eure Bilder zu sehen.
    Vorallem der "Kaffee" hat mir seeehr imponiert x) hehe. Macht es weiterhin gut und haltet uns auf dem Laufenden!

    Grüße aus Woinem
    Katrin

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  3. Wunderbar, wie wir an eurem Familienvisit und an den Pongalfeierlichkeiten teilhaben konnten. Auch eure Bilder machen das so anschaulich.
    Über diesen Bericht hab ich mich besonders gefreut!

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