Montag, 4. Oktober 2010

Indisches Verkehrschaos =)

...Manchmal denken wir an die deutschen Strassen zurueck: ruhige Autofahrten, leises Motorbrummen, ab und zu das Rauschen, wenn man an einem LKW vorbeifaehrt. Hohes Tempo, ohne dass man merkt, dass man schnell faehrt. Die Moeglichkeit, waehrend der Autofahrt zu schlafen.




ABER in Indien finden Szenarien solcher Art nicht statt, hier sind diese Zustaende eher zum Traeumen ;). Auf den indischen Strassen sind alle Arten von Fahrzeugen unterwegs: Fahrraeder, Fahrradkarren, Fahrradrikschas (wenn auch nicht mehr allzu viele), jede Art von motorisierten Zweiraedern, Ochsengespanne, kleine gelbe Motorrikschas (genannt "auto"), sehr, sehr kleine Busse (vergleichbar mit Motorrikschas, nur passen hier mehr Menschen rein ;)), normale Autos (meist indische "Tatas"; Autos stellen eine Minderheit dar), Busse ohne Ende und ein Haufen altersschwacher Trucker...und jedes dieser vielen Fahrzeuge hat auf die ein oder andere Art eine Hupe =).


Angefangen bei den Handhupen, Fahrradklingeln oder einfach nur Eisenstaebe, die auf die Stangen des Fahrrads geschlagen werden. Weiter gehts mit den quietschenden oder troetenden Hupen der Zweiraeder, den Autohupen, bis hin zum trommelfellzerreissenden Droehnen der Busse und LKWs. Zwischen all diesen "normalen" Hupen findet man allerdings auch immer wieder exotischere Klingeltoene: Toene, die Alarmanlagen gleichen, Klingeln wie vom deutschen Eismann, Laute, die klingen, als waeren sie die Brunstschreie einer Kuh, eines Elches oder auch das Quaken eines Frosches. Es gibt aber auch ganze, monophone Meldodien, die, wie alle anderen Hupen auch, in ohrenbetaeubender Lautstaerke abgespielt werden.
Die naheliegendste Erklaerung fuer dieses Laermphaenomen ist, dass die Hupe als solche das wichtigste Instrument im Verkehr darstellt. Blinker, Aussenspiegel, Anschnallgurte- vergiss es ;)! Hauptsache, die Hupe ist vorhanden! Gehupt wird naemlich bei jeder Gelegenheit: bevor man durch eine Kurve faehrt, bevor man ueber eine Kreuzung faehrt, vor dem Abbiegen, wenn man an Fussgaengern vorbeifaehrt, bevor man jemanden ueberholt und als "danke" nachdem man ueberholt hat, als Warnsignal, als Mittel, seinem Aerger uber den Fahrstil anderer Ausruck zu verleihen  oder auch einfach nur so, wenn es nicht wirklich notwendig ist. In Deutschland wird die Hupe ja nur in Haertefaellen gebraucht; hier in Indien ist sie aber DER Gerbrauchsgegenstand schlechthin- Anwohner haben das Nachsehen ;-).


Und wenn wir schon beim Ueberholen sind: Ueberholt wird hier staendig; und ziemlich oft in halsbrecherischen Manoevern. Es kann dann schonmal vorkommen, dass drei Fahrzeuge auf einer schmalen Strasse nebeneinander fahren und ihnen ein breiter Bus entgegengerast kommt- natuerlich laut hupend =). Vor allem im Dunkeln (und es hier wird es ja schon ca. hallb sieben dunkel) sind die Fahrten besonders abenteuerlich. Hier hat naemlich niemand die Funktion des Abblendlichts verstanden =). Alles, was Lichter hat schaltet seine Lichter ein- und zwar alle- bevorzugt Fernlicht und Nebelscheinwerfer. Oft werden Lichter auch zusaetzlich als Warnsignal verwendet. Also faehrt man waehrend einer der halsbrecherischen Ueberholaktionen frontal auf ein anderes Auto zu, hupt dabei laut bzw. laesst wie verrueckt die Lichthupe blinken- und hofft, dass immer irgendwie alles gut geht :-). Die Inder schaffen es erstaunlicherweise immer, dass alles gut geht...die Fahrer sind bei solchen Manoevern immer die Ruhe selbst und  scheinen alles unter Kontrolle zu haben :).


Nicht nur der indische Fahrstil bringt Indienneulinge wie uns zum Staunen, sondern auch die indischen Strassen hinterliessen einen bleibenden Eindruck bei uns: Zum Eil sind sie wunderschoen ausgebaut, zweispurig mit einem Gruenstreifen in der Mitte, aber es gibt eben auch "die anderen" ;): Schmal, mit tiefen Schlagloechern, manchmal gerade  so breit, dass ein Auto daruf Platz hat, aber dann kommt einem ein Bus entgegen (passiert wirklich nicht selten =)!). Ausserdem ist vielleicht noch erwaehnenswert, dass Dorfbewohner auf der Strasse irgendwelche Graesser, Kraeuter oder Samen zum Trocknen auslegen ( ueber die man dann drueber faehrt- ist ja schliesslich eine Strasse ;)). Manchmal kann es auch sein, dass man vor ein paar Kuehen oder einer Ziegenherde anhalten muss und Geduld walten laesst, bis der Hirte alle Tiere weitergescheucht hat.


Ausserdem gibt es aeusserst fiese, sehr schmale, aber hohe geschwindigkeitsbremsende Hubbel, die wenn man sie zu spaet sieht, zu einer unsanften Landung fuehren koennen. Meistens sind sie aber netterweise durch Zebrastreifenmuster gekennzeichnet. Wie ihr merkt sind die Zustaende auf den Strassen zum Teil gewoehnungsbeduerftig, aber wir sehen einfach jede Fahrt als Abenteuer und haben einen Haufen Spass dabei =)!


Ueber die Zustaende in oder auf den Fahrzeugen kann man sich aehnlich wundern; von den vielen, vielen Zweiraedern, die auf den Strassen unterwegs sind, sind die allerwenigsten nur "einfach" besetzt. Meistens sitzen zwei Leute auf einem "two-wheeler". In regelmaessigen Abstaenden kann man jedoch auch ganze indische Familien auf einem Roller entdecken: Papa faehrt, ein Kind sitzt vor ihm; Mama sitzt im Damensitz hintendran, ein Kind auf dem Arm und das dritte- meist das aelteste Kind- darf zwischen Vater und Mutter sitzen. Fuer uns war dieser Anblick am Anfang sehr neu und erstaunlich, fuer die Inder aber ist das ganze normal, der Motorroller ist das indische Familienauto ;). Auch in die Motorrikschas passen mehr Leute, als man annimmt. In der Stadt gibt es hauptsaechlich die kleinere Version, in welcher drei Leute auf die Sitzbank passen; auf dem Land gibt es noch die groessere Version: es passen vier Leute auf die Sitzbank. Das haelt aber natuerlich nicht davon ab, mindestens fuenf Leute in eine kleine und mindestens 8 oder 9 Leute in eine grosse Rikscha zu packen. Unser Rekord lag bei 11 + Fahrer in einer grossen Motorrikscha =): vier Leute auf der Sitzbank, drei auf dem "Babysitz" (schmales Brett gegenueber der Bank; weniger Beinfreiheit ;)), zwei im "Kofferraum" und zwei vorne neben dem Fahrer (bei welchem eigentlich nur begrenzt Platz ist).


Auch die Busse sind meist aehnlich ueberfuellt, obwohl sie meist mehr Sitzplatzkapazitaet besitzen als deutsche Busse (fuenf Plaetze in einer Reihe). In Bussen macht man immer wieder von Neuem die Erfahrung, dass die "Inder" keinerlei Beruehrungsaengste haben. Der Anblick von z.B. drei Maennern, die nebeneinander sitzen, bringt uns manchmal zum Schmunzeln. Da gibt es meist nur einen, maximal zwei, die normal sitzen koennen aufgrund der Breite ihrer Schultern =). Inderinnen lassen einen auch oft in der Mitte von einem Dreiersitz Platz nehmen und man fragt sich zuerst, ob man wirklich da reinpasst =). Was fuer uns auch zuerst etwas gewoehnungsbeduerftig war, ist, dass sich an der Haltestange manchmal Hand an Hand reiht. Beruehrungsaengste gibt es nicht, Hauptsache, man hat einen festen Halt bei den immer wieder abenteuerlichen Fahrten =)!

Von einer Art Transportmittel haben wir noch gar nichts geschrieben, und zwar von indischen Zuegen. Das liegt einerseits daran, dass wir glauben, dass das nochmal ein Extrakapitel fuer sich ist, und andererseits auch daran, dass wir noch nicht mit einem gefahren sind ;-)!

Liebe Gruesse,
Anna und Claudia



P.S.: Leider konnten wir uns nicht frueher melden, da wir mit einigen Virusproblemen auf Laptop, Kamera und externer Festplatte zu kaempfen  - der Text ist schon seit drei Wochen abgetippt, nur fehlten uns leider die Bilder.
Diese Woche waren wir nun endlich in Kattumannarkoil und haben auch unsere ersten Englischstunden mit den begeisterten Kindern hinter uns gebracht. Dazu aber im naechsten Blogeintrag mehr =).
... ein Blick aus dem Jeep

der "Kofferraum"

shared community car

die beruehmte Motorrikscha,
 liebevoll "auto" genannt =)

... ein Blick aus dem Bus




Warten auf den Bus ...

Fahrradrikscha

im Bus

Ochsenkarren