...Hier kommt nun der lang ersehnte Blogeintrag ueber unser Leben im Dorf und ueber unsere alltaegliche Arbeit =).
Zuerst einmal: Wie kommen wir ins Dorf?
Montag morgens laufen wir zehn Minuten mitsamt unseren Trekkingrucksaecken zum Busbahnhof Pondicherrys und treffen dort Gethciya, die uns mit nach KMK (Kattumannarkoil) begleitet. Waehrend der 3,5-stuendigen Reise muessen wir den Bus genau zweimal wechseln (Cuddalore und Chidambaram- lustige Stadtnamen, die man fast so ausspricht, wie sie geschrieben werden). Ohne Gethciya waeren wir wohl ziemlich aufgeschmissen, denn bei den tamilischen Beschriftungen auf den Heckscheiben der Busse geht uns sprichwoertlich nur der Gedanke "Bahnhof" durch den Kopf ;-). Eine kleine Herausforderung bei den Busfahrten sind auch unsere recht grossen Trekkingrucksaecke (Anmerkung: fuer 5-6 Tage hat man eben das allermeiste dabei, da man es braucht =)...wir leben also quasi aus dem Koffer ;)).Im Gang vom Bus ist naemlich nicht wirklich Platz, wenn noch eine Person durchlaufen will und dann ist es auch oft fast unmoeglich, den Rucksack auf dem Schoss abzustellen, da die Abstaende zwischen den Sitzreihen aeusserst klein sind. So kam es schon zweimal vor, dass Gethciya meinte, wir sollen unser ganzes Gepaeck zusammen auf einen dritten Sitzplatz abstellen und hat dann beim Busfahrer den dritten Sitzplatz bezahlt- das Ganze tat uns ziemlich Leid, aber in manchen Bussen geht es wohl wirklich nicht anders. Da hilft es auch nicht, wenn erhitzte Inder meinen, wir koennten die Trekkingrucksaecke auf den Gepaeckablagen (die leider vieeel zu niedrig sind) unterbringen, damit sie sich da hinsetzen koennen. Da versucht man, sie zu besaenftigen, indem man sagt, dass das leider nicht moeglich sei und wir fuer den Sitzplatz mit den Gepaeckstuecken extra bezahlt haben...
Die Busfahrt an sich ist aber eigentlich immer ganz schoen, da wir an vielen kleinen Gewaessern (wo wir auch schon Wasserbueffel bestaunen konnten) und auch an Reisfeldern vorbeifahren- landschaftlich also total schoen =).
in Pondi auf dem Busbahnhof auf dem Weg nach Kattumannarkoil |
diesen Blick hat man vom Kattumannarkoiler Busbahnhof aus... unglaublich aber wahr! =) |
auf dem Weg zum Busbahnhof (KMK ) mit den grossen Rucksaecken in der kleinen Motorrikscha =) |
Nun: Wo leben wir eigentlich in Kattumannarkoil?
...Wir leben in einem Buero ;-), genauer gesagt in einem field office von REAL. Mitte September konnten wir unseren "zweiten Wohnort" bereits bestaunen, als wir zum ersten Mal gemeinsam mit Mr. Lawrence dorthin gefahren sind, um einer Fortbildung beizusitzen. Uns wurde eine Art Lagerraum gezeigt und stolz wurde uns mitgeteilt:"Hier werdet ihr demnaechst wohnen.". "Das wird nochmal eine grosse Umstellung" dachten wir uns und der Gedanke wurde bestaerkt, als wir die sanitaeren Anlagen begutachten durften. Wir muessen, um duschen, waschen, Zaehne putzen, und auf Toilette gehen zu koennen, rauslaufen, da es ein separates Dusch- und Toilettenhaeuschen gibt ;) - auch eine Sache, an die man sich erstmal gewoehnen muss. Als wir im Oktober dann aber das zweite Mal zum field office fuhren- diesmal, um dort zu wohnen- konnten wir unseren Augen kaum trauen: Es hatte sich einiges getan; die Eingangshalle und unser Zimmer waren rosa gestrichen worden, unser Zimmer war ausgeraeumt worden und im "Steinregal" war nun Platz fuer unseren Kram; es gab nun auch eine Dusche (nicht zu viel erwarten ;-): unsere Dusche ist ein kleiner Raum (aehnlich wie Toilette) mit einem Wasserhahn auf Kniehoehe...mithilfe eines grossen und kleinen Eimers kann das Duschen dann losgehen =)) und wie uns bereits mitgeteilt wurde, eine westliche Toilette...und alles wurde neu gefliesst.
... hier putzen wir uns die Zaehne ... im Hintergrund sieht man unser Dusch- und Toilettenhaeuschen |
unser Zimmer in Kattumannarkoil |
Wer wohnt mit uns?
Wir sind keinesfalls die einzigen, die im field office uebernachten, sondern auch Gethciya (wenn sie nach KMK begleitet), Priya (Angestellte von REAL; sie arbeitet im field office und ist verantwortlich fuer die Kinderprojekte vor Ort), Vijiya (auch REAL-Mitarbeiterin; sie kocht ausserdem fuer uns alle sehr lecker =)) und Harry (Vijiyas Bruder; er arbeitet NICHT fuer REAL, sondern studiert an einem College und lebt eben mit seiner Schwester ;)). Wie bereits erwaehnt, haben wir zwei unser Zimmer fuer uns alleine, Gethciya und Priya schlafen gemeinsam in der Eingangshalle nebenan und Vijiya und ihr Bruder leben im zweiten,separaten Buerogebaeude.
Was machen wir?
Derzeit geben wir Englischunterricht in einem mehr oder weniger nahe gelegenen Dorf von KMK. Da wir unsere Fahrraeder in Pondi haben und es zu Fuss viel zu lang dauern wuerde, werden wir von unserem "persoenlichem Fahrer" (der uns zu jeglichen Orten in KMK und Umgebung faehrt) mit der Motorrikscha gefahren. Es handelt sich um eine Grundschule, an welcher wir drei Zeitstunden lang vormittags Englisch unterrichten. Der Vormittagsunterricht an dieser Schule geht von 9.30 Uhr bis 12.30 Uhr, was bedeutet, dass wir den ganzen Vormittagsunterricht gestalten :-). Wir unterrichten 21 Schuelerinnen und Schueler, die der Klassenstufe 4 und 5 angehoeren, also neun bzw. zehn Jahre alt sind.
Die Kinder haben eigentlich schon seit dem ersten Schuljahr Englisch, aber das Niveau ist ziemlich niedrig; uns wurde bei unserer ersten Englischstunde nahegelegt, mit der korrekten Aussprache des (englischen) Alphabets zu beginnen...als wir z.B. Fruechte oder Koerperteile durchgenommen haben, hat man schon gemerkt, dass bei vielen Themengebieten ein gewisser Wortschatz vorhanden ist- die Kinder haben also viele Begriffe auswendig gelernt. Wenn man sie aber darum bittet, an der Tafel etwas vorzulesen ("Read it out, please"), steht man vor 21 ueberfragten Schuelern bzw. Schuelern, die einfach "Read it out" nachsprechen...Zusammengefasst bietet der Unterrricht also jeden Tag aufs Neue Herausforderungen. Wir versuchen den Kindern Englisch spielerisch und mit Haenden und Fuessen beizubringen. Gethciya hat den Kindern ausserdem ein paar wichtige Phrasen (z.B auch "Please, be quiet") auf Tamil uebersetzt, was am Anfang sehr hilfreich war.
Und an all unsere ehemligen Lehrer sei gesagt: Wir koennen uns nun noch so viel mehr in die Rolle des Lehrers hineinversetzen :-)!
unsere suesse Grundschulklasse |
das Grundschulgebaeude von innen |
die Grundschule von aussen |
auf dem Pausenhof machen diese Frauen fuer uns den allmorgendlichen Kaffee :) |
Was sind die evening classes?
Jeden Abend besuchen wir noch eine andere Schule, an welcher wir offiziell von 17.00-19.00 Uhr Hausaufgabenbetreuung fuer alle Klassenstufen (d.h.,dass von der ersten bis zur siebten Klasse jeder anwesend ist) stattfindet. Offiziell deshalb, da die Hausuafgabenbetreuung eigentlich immer eine halbe Stunde frueher zu Ende ist. Die Lehrerin schickt alle Schueler dann immer ganz ploetzlich nach Hause wegen den Insekten und Wasserschlangen, die bei Dunkelheit aus dem naheglegenen Gewaesser kaemen- so wurde uns erklaert. Ob dies nun wirklich stimmen soll, wissen wir nicht. Wir haben jedenfalls noch keine Schlangen gesehen ;).
Als wir das erste Mal zur Hausaufgabenbetreuung gegangen sind, dachten wir- wie der Begriff "Hausaufgabenbetreuung" eben impliziert- dass wir die Schueler bei ihren (Englisch-) Hausaufgaben betreuen. Aber hier sollen wir im Grunde auch Englisch unterrichten, wobei die auseinanderklaffenden Englischkenntnisse eine zusaetzliche Schwierigkeit darstellen. Man moechte die Kleinen moeglichst alle miteinbeziehen, moechte aber auch nicht, dass die Grossen alles vorsagen. Wir versuchen also, das Beste daraus zu machen; dass keinem langweilig wird, aber dass uns auch gleichzeitig fast jeder verstehen kann.
Was gibt es sonst noch so zu erzaehlen?
An dieser Stelle koennen wir noch ueber unseren ersten "richtigen" Tempelbesuch erzaehlen. Eines Abends nach der Hausaufgabenbetreuung hat uns Priya gefragt, ob wir mit ihr zum Tempel gehen wollen, um an den Gebeten teilzunehmen. Sehr interessant fuer uns, da wir das mit Gethciya nicht machen, weil sie Christin ist. Nach der Gebetszeremonie hat es sich einer der Priester nicht nehmen lassen, uns die Geschichte des Tempels zu erzaehlen =). Leider haben wir nur Brocken verstanden, wie z.B. "Gott mit Schweinekopf" oder "Gott mit Loewenkopf" ;). Sehr interessant und aussergewoehnlich =)...
Bevor wir zum field office zurueckgefahren sind hat ausserdem noch jeder von uns dreien ein kleines Oellaempchen angezuendet. Als wir Priya fragten, ob da ein bestimmter Gedanke dahinterstecke, meinte sie, dass wir fuer eine baldige Heirat beten...wir sind aber keinesfalls traurig, wenn dieser Wunsch nicht so bald in Erfuellung geht :-P- im Moment noch nicht unbedingt notwendig :-P.
Tempel in Kattumannarkoil |
Ein weiteres groesseres Erlebnis in KMK war der Besuch unserer ersten hinduistischen Hochzeit.
Und wann sind Anna und Claudia aufgestanden?
Um 5.00 Uhr morgens (auch in Indien ist es dann noch dunkel).
Wann war der geplante Aufbruch?
Um 5.25 Uhr.
Wann sind wir schliesslich los?
Um 6.00 Uhr...es lag aber NICHT an uns, wirklich ;).
Wir sind dann zusammen mit Priya und Gethciya zum Busbahnhof gelaufen und konnten die Morgendaemmerung trotz Muedigkeit geniessen.
frueh morgens auf dem Weg zur Hochzeit mit dem Bus |
Zum Glueck hatten wir nur den Anfang der Zeremonie verpasst. Das erste Ungewohnte an der Hochzeit war die laute Musik, die durchgaengig lief. So machte es auch nichts aus, dass sich die Gaeste hin und wieder unterhielten. An der Zeremonie nahmen nicht nur das Brautpaar und der Priester teil, sondern auch die Eltern und die Familie des Paares. Ueberhaupt wirkten alle waehrend der Zeremonie sehr konzentiert und "beschaeftigt".
Ziemlich am Ende der Zeremonie meinten dann Gethciya und Priya, dass wir nun zum Essen in den ersten Stock gehen koennten...wir waren wirklich verwundert, wie viele Gaeste sich schon mitten in der Zeremonie verdrueckt haben mussten, um zu fruehstuecken, da der Saal schon gut besucht war =).
Nun gibt es nicht mehr zu erzaehlen...nach dem Essen mussten wir natuerlich noch ein Foto mit dem frisch vermaehlten Brautpaar machen und dann ging es wieder zurueck nach KMK ins field office...wir kamen dort um kurz nach 9 Uhr an und der gaaanze Tag lag noch vor uns ;-).........
waehrend der Zeremonie |
wir mit dem frisch vermaehlten Brautpaar |
Gethciya und Priya |
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weitere Bilder von Kattumannarkoil |
Ich möchte um ein tolles Lehrerbild von Claudia bitten : )!
AntwortenLöschenToll ihr beiden - bin jedes Mal aufs Neue interessiert am Lesen.
Best regards from germany and please take care!
Lots of love
Katrin
Hallo Ihr beiden!
AntwortenLöschenToller Bericht! Superschöne Photos! Süße Kinder!
Ihr seht zufrieden aus und fröhlich! Und wir können uns jetzt so allmählich doch immer besser vorstellen, wie alles dort aussieht, wo Ihr steckt, und das ist schön!
Ganz viele herzliche Grüße!